Die Transformation des Vermittleralltags in die digitale Welt

14.05.2014

Digitaler Vertrieb in der Versicherungsbranche hat viele Facetten. Aufbau einer Online-Reputation, Angebote per Videoberatung, Kontaktaufnahme mittels Facebook-Agenturseite. Den einen Point of Sale, an dem der Vertriebspartner mit Kunden ins Gespräch kommt, gibt es längst nicht mehr. Kundenerwartungen und Kontakt-angebote der Vermittler klaffen z.T. weit auseinander: Social Media macht's möglich. Am 27. und 28.08.2014 veranstaltet der AMC das Forum Digitaler Vertrieb in Köln. Die aktuellen AMC-Studien „Social Media in Versicherungen“ und „Mobilität in der Assekuranz“ untersuchen Teilaspekte des Themas. Im Interview erläutern Ralf Pispers, Geschäftsführer der Kölner Agentur .dotkomm und AMC-Geschäftsführer Stefan Raake einige der Herausforderungen, die vor allem durch die Sozialen Netzwerke für die Versicherungen entstanden sind. Lohnt sich der Einsatz von Social Media im Vertrieb überhaupt? Stefan Raake:
Soziale Netzwerke wie Facebook eröffnen insbesondere für Versicherungsvermittler großartige Möglichkeiten. Wenn man sich die sozialen Netzwerke als Schaufenster vorstellt, an dem die Kunden jeden Tag vorbeikommen und aus ihrem alltäglichen Leben berichten: Von ihrem letzten Urlaub beispielsweise, vom neuen Job, dem Bau des eigenen Hauses oder der Geburt des jüngsten Nachwuchses und der Vermittler hieraus Vertriebsimpulse generieren kann – dann lohnt sich der Einsatz von Social Media im Vertrieb auf jeden Fall. All diese für den Versicherungsbedarf relevanten Informationen erfährt ein Vermittler natürlich auch dann, wenn er beim Kunden regelmäßig im Wohnzimmer sitzt. Viele seiner Kunden, mit denen er vernetzt ist, liefern ihm solche Informationen per Facebook & Co mittlerweile jedoch, ohne dass er sich in sein Auto setzen muss. Das passiert zudem ganz freiwillig und praktisch ohne datenschutzrechtliche Beschränkung. Ralf Pispers:
Die neuen Netzwerke geben einem zudem die Gelegenheit, den Kundenbestand aktiver zu managen. Viele Vermittler und Makler betreuen aktuell nicht einmal 25% des Kundenbestandes. Hier bieten die sozialen Netzwerke die Möglichkeit, die Kundenbetreuung auszuweiten und zu intensivieren. Per Posting ist der Vermittler auf dem Schirm des Kunden, per Like oder Kommentar schafft er Sympathie und über die von Herrn Raake angesprochenen Vertriebsimpulse schafft er Kontaktanlässe. Über traditionelle Wege – sprich: Kegelclub, Volksfest, Leistungsshow ist eine solche Präsenz nur schwer zu erreichen. Was empfehlen Sie Vermittlern? Stefan Raake:
Die Chancen, die Social Media bietet, müssen von den Vermittlern – und auch von den Versicherern - besser als bisher genutzt werden. Das jedoch ist nicht ganz so einfach. Letztlich geht es um die Transformation des Vermittleralltags in die digitale Welt. Um diesen Traum Realität werden zu lassen, müssen sich die einzelnen Vermittler jedoch zunächst etwas intensiver mit der Social-Media-Thematik beschäftigen. Es geht um die digitale Positionierung, bei der es einige Grundregeln zu beachten gilt. Ralf Pispers:
Wir haben seit 2010 ca. 4.000 Vertriebspartner der Assekuranz zu Social Media geschult. Ob Makler oder AO - was die digitale Positionierung betrifft, lassen sich durchaus bestimmte Regeln formulieren. Die wichtigste ist dabei: „Von Nichts kommt Nichts“. Denn wie in allen Bereichen des Lebens, kommt auch das Geschäft über die sozialen Netzwerke nicht von alleine. Aufbau und Pflege von Facebook-Profilen und -Pages, Google+ & XING-Aktivitäten sowie regionale Social Media Kampagnen sind die Pflichtbausteine in der digitalen Welt. Dazu kommt, dass in den sozialen Netzwerken die Regel „Geben und Nehmen“ vorherrscht, d.h. dass Vermittler und Makler nicht zur zuschauen können, sondern auch selbst aktiv werden müssen. Und dazu gehört auch mal ein Foto aus dem privaten Umfeld, ein Kommentar zu einem Kundenposting oder der Check-In im Restaurant. Denn – und das ist die dritte wichtige Regel – es geht nicht immer nur um Werbung, sondern um wirkliches Networking. Und das funktioniert digital genauso wie im realen Leben. Denn dort lege ich im Kegelclub auch keine Produktflyer aus. Was erwartet der Außendienstmitarbeiter (AO) von seiner Versicherung? Ralf Pispers:
Er möchte von seiner Versicherung wissen, wie er Social Media für seinen geschäftlichen Erfolg nutzen kann. Der heutige AO-Vermittler wird in der Regel mit einer Vermittler-Homepage bedient, auf der er seine Kontaktdaten darstellen kann, ein Foto präsentiert und in den meisten Fällen die Funktionen der Website des Unternehmens, für welches er tätig ist, mit integriert sind. Der Kunde hat heute – von einer Adressliste abgesehen – kaum die Möglichkeit, individuell einen Berater zu identifizieren, mit dem er ein Beratungsgespräch führen möchte. Außerdem ist der Berater bei einigen Versicherungen noch nicht in die sozialen Netzwerke eingebunden. Will man den Vertrieb professionell in die neue digitale Welt begleiten, dann müssen die Versicherungsgesellschaften Strategien entwickeln, wie die Vertriebspartner künftig online mit dem Kunden kommunizieren sollen. Wirft man einen Blick auf die traditionellen Erfolgskriterien im realen Geschäft, fragt man also einen Vertriebspartner einer Gesellschaft, wie er den Kunden zu einem Thema berät, Produkte vorstellt und ein Verkaufsgespräch führt, wird man feststellen, dass es maßgebliche Unterschiede zwischen Online-Verkauf und „richtigem” Verkauf gibt. Ein Vermittler stellt seinem Kunden nicht alle Produktdetails vor oder versucht bei einem Beratungsgespräch zur Berufsunfähigkeit gleichzeitig ein Abonnement für einen Newsletter zu platzieren oder den neuen Herbsttarif in der Kfz-Offensive anzupreisen. Er wird den Kunden auch nicht mit dem Preis alleine lassen, sondern der Vertriebspartner wird den Preis in einer Vorteils-/Nutzen-Argumentation erläutern. Er wird den Kunden aktiv begleiten, um ihn zum Abschluss zu bewegen. All dies passiert in heutigen Internet-Applikationen überhaupt nicht. Das gibt es also noch viel zu tun.