Presse / Media



Drucken

Nachhaltigkeit: Viel „Muss“, wenig „Wollen“ bei den Versicherern?

18.01.2022

Blick über Köln vom Pullmann, SR 2022

Mitte Januar trafen sich Vorstände und Entscheidungsträger der Assekuranz in Köln beim jährlichen AMC-Auftaktgespräch, um gemeinsam Entwicklungen und Gestaltungsmöglichkeiten im Versicherungsmarketing und -vertrieb zu diskutieren. Schwerpunkte des diesjährigen Auftaktgesprächs waren die Themen Nachhaltigkeit und Regulatorik. Was treibt die Vorstände der Branche dazu um?

Prinzip des AMC-Auftaktgesprächs ist das offene Format, sodass nach kurzen Impulsvorträgen viel Raum für Diskussionen und Erfahrungsaustausch zur Verfügung stehen. Das Tagesprogramm bestand aus einer balancierten Mischung aus regulatorischen Herausforderungen und Praxisberichten zu nachhaltigen Vorstößen in der Branche.

Beim Thema Nachhaltigkeit sind regulatorische Pflichten ein massiver Transformationstreiber – denn um nichts weniger geht es schließlich, als um eine massive Veränderung des Wirtschaftens. Und so waren sich auch alle Teilnehmer darin einig, dass die Versicherer beim Umbau eine entscheidende Rolle spielen (wollen). Zugleich herrschte unter den Vorständen Einigkeit darüber, dass man vom Geschäftsmodell her gedacht per se nachhaltig unterwegs sei. Schließlich denke kaum eine andere Branche so intensiv über zukünftige Risiken nach, um passende Absicherungsmodelle zur Verfügung stellen zu können. Und dennoch könne an einem Business as Usual nicht festgehalten werden.

Viel Regulierung und viele offene Fragen
Eine weitere Welle der (Finanz-) Regulierung treibt das Thema Nachhaltigkeit: Mit dem EU Green Deal wird die Transformation zur nachhaltigen Wirtschaft bis 2050 vorgegeben. Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der BaFin, gab einen Überblick insbesondere zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken.

Versicherer seien seit jeher die Kompetenz, wenn es darum geht, umweltrelevante Risiken zu bewältigen, so Grund. Die BaFin erwarte von ihnen, dass man sich in ihrem Risikomanagement mit allen relevanten Umwelt-Risiken auseinandersetze und im Blick behält, wie diese sich auf die Geschäftsmodelle auswirken. Fakt ist: Zu Finanzen und Nachhaltigkeit sei die Branche längst am Ende von „Weiter so“ angekommen. Grund betonte, dass sich Versicherer als Risikoträger, Risikomanager und Investoren nachhaltig verhalten sollten. Ihre Kernkompetenzen sind in der nachhaltigen Transformation ein Pfund, mit dem die Branche wuchern sollte, um sich im gesellschaftlichen Diskurs zum Thema Nachhaltigkeit besser zu profilieren.

Auch AMC-Beirat Prof. Dr. Matthias Beenken sieht in der Regulatorik für Versicherer ein Dauerthema. Vor allem mit Blick auf die Nachhaltigkeit finden Versicherer sich aktuell in einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Richtlinien und Verordnungen wieder (MiFID II, IDD, CSRD sowie Offenlegungs- und Taxonomie-Verordnung). Die Politik will das Thema Nachhaltigkeit vorantreiben, wirft jedoch viele Fragen auf, die bislang unbeantwortet sind. Insgesamt befinde man sich aktuell eher in einer unbefriedigenden regulatorischen Gesamtsituation. Den Versicherern und Vermittlern wird viel abverlangt, um einen sicheren Weg zu finden.

Aus der Praxis für die Praxis
Prof. Dr. Riccardo Wagner von der Fresenius Hochschule Köln skizzierte Bedingungen dafür, wie sich Nachhaltigkeit als Wettbewerbsfaktor ausbauen lässt. Entscheidend sei, dass Versicherer Nachhaltigkeit tief im Markeninneren verankern. Persönlichkeit und Werte stehen dann im Zentrum, flankiert von systemischen (Management-)Anforderungen wie Ambiguitätstoleranz, Glaubwürdigkeit, Wirkungstransparenz, Kohärenz und Sinnhaftigkeit. Nur so könne ein Unternehmen sich bei wachsendem öffentlichem Druck noch hervortun, wenn Nachhaltigkeit längst branchenübergreifend zum „New Normal“ gehöre.

Daniel Regensburger, Geschäftsführer von Pangaea Life, zeigte auf, warum nachhaltige Investments für alle lohnend sind. Er ist überzeugt, dass Nachhaltigkeit auch bei Finanz- und Versicherungsprodukten ein wichtiges Kaufkriterium für Kunden darstellt. Mit ihren nachhaltig und verantwortungsbewusst investierten Versicherungsprodukten unter dem Dach der Bayerischen erfährt die Pangaea Life einen hohen Kundenzuspruch. Immer mehr Kunden setzen darauf, ihre persönliche Absicherung und Vorsorge mit Nachhaltigkeit zu verbinden. Pangaea Life versteht sich diesbezüglich als Innovationstreiber. Innovativ ist man auch in der Präsentation: In der Investmentreise der Pangaea Life kommt eine „Virtual Reality“-Brille zum Einsatz. So werden in einer Reise rund um den Globus Projekte im Portfolio des Pangaea Life Fonds erlebbar.

Die Ende 2020 von Infinma ins Leben gerufene Brancheninitiative „Nachhaltigkeit in der Lebensversicherung“ (BINL) ist eine Antwort auf wachsende regulatorische Anforderungen und ein geändertes Kundenverhalten. Gemäß Dr. Jörg Schulz, Geschäftsführer von Infinma, will die Branchen-Initiative Synergien schaffen, für mehr Nachhaltigkeit sensibilisieren und Vermittler mit einem ESG-Finder unterstützen. Schulz betonte, dass gerade im Versicherungsvertrieb das Know-how rund um Nachhaltigkeit und die ESG-Kriterien nur gering ausgeprägt sei. Entsprechend gehe es v.a. darum, Wissen rund um Nachhaltigkeit zugänglich zu machen.

Bei der SIGNAL IDUNA habe man verstanden, dass sich die Welt rasant verändert, betonte Vorstand Torsten Uhlig. Entsprechend hat man sich dazu entschlossen, Nachhaltigkeit neu zu denken. Als SIGNAL IDUNA Gruppe will man ein klimaneutraler Konzern werden. Mit der neuen SIGNAL IDUNA Lebensversicherung AG rückt Nachhaltigkeit ins Zentrum des Denkens und Handelns. Nachhaltigkeit wird so zum neuen Selbstverständnis.

Der AMC beschäftigt sich bereits seit 2011 intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit in der Versicherungsbranche. Eine damals vom AMC initiierte Studie kam zum Ergebnis, dass kaum ein deutscher Versicherer eine konsistente Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt. Dazu AMC-Geschäftsführer Stefan Raake: „Dies ändert sich zum Glück rasant. Inzwischen haben die meisten Versicherer erkannt, dass langfristige Absicherung allein zu wenig ist für eine echte Nachhaltigkeitsstrategie.“

„Wir freuen uns bereits jetzt auf das nächste AMC-Auftaktgespräch am 12. Januar 2023 in Köln. Nachhaltigkeit wird sicherlich wieder ein Thema sein“ ergänzt Dr. Frank Kersten, sein Kollege in der Geschäftsführung des AMC. Auch im Rahmen weiterer AMC-Veranstaltungen wird das Thema Nachhaltigkeit aktiv aufgegriffen. Beim AMC-Markenforum am 7. Juni 2022 werden Barmenia, Zurich und die GMK Markenberatung über Markenführung und Nachhaltigkeit berichten (amc-forum.de)

Kontakt: AMC Finanzmarkt GmbH, Désirée Schubert, schubert@amc-forum.de. Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung. Fachbeiträge senden wir Ihnen auf Anfrage gerne zu.

Nachhaltigkeit: Viel „Muss“, wenig „Wollen“ bei den Versicherern?

Kontakt



Nachhaltigkeit: Viel „Muss“, wenig „Wollen“ bei den Versicherern?

Dokumente

Keine Dokumente vorhanden